Freitag, Januar 27, 2006

Zen und Bambus

Ich war ja unter anderem auch in der Hoffnung nach Arashiyama gefahren, um etwas Schnee zu sehen. Meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Zumindest nicht allzusehr. Während des "Aufstiegs" zum Iwata-yama bin ich an einigen kleinen Schneefeldern vorbeigekommen, aber hauptsächlich war der Schnee entweder da zu finden, wo kaum Sonne hinkam, oder noch weiter oben. Auf richtigen Bergen, beispielsweise.


Aber immerhin hatte die Schneemenge in der Stadt selbst den Angestellten eines der zahlreichen Andenkenläden ausgereicht, um vor dem Eingang jeweils links und rechts ein Spalier aus je drei Schneemännchen aufzustellen. "Schneemann" heißt auf Japanisch übrigens "yukidaruma". Ich zeige hier nur die linke Seite, denkt Euch die anderen drei einfach dazu, die sahen sehr ähnlich aus.

Zugegeben, ich hatte auch den Verdacht, daß es sich hier eher um Schneeaffen oder -hasen als -männer handelt. Alternativvorschläge der Leserschaft werden gerne entgegengenommen.

Daß es auch in Arashiyama ein Weltkulturerbe gibt, hatte ich ja schon erwähnt, und da habe ich es mir selbstverständlich nicht nehmen lassen, selbiges zu besichtigen, nachdem ich die Affen besucht (und meinen Handschuh verloren) hatte.

Voilà, Tenryū-ji, der Tempel des Himmelsdrachens, Haupttempel einer der beiden wichtigsten Schulen des japanischen Zen-Buddhismus.

Gegründet wurde Tenryū-ji 1339, aber da der Tempel seitdem mehrmals abgebrannt ist, stammen die meisten Gebäude aus der Meiji-Ära (1868-1912). Der zum Tempel gehörende Landschaftsgarten jedoch ist im wesentlichen so, wie er damals vom Gründungsabt angelegt wurde und zählt zu den ältesten Gärten in Japan. Wenn ich das Infoblättchen aus dem Tempel richtig interpretiere, dann ist wohl auch eher der Garten als der Tempel in die Weltkulturerbeliste aufgenommen worden. 1994 übrigens, so wie auch der Kinkaku-ji. Das muß das japanische Jahr der UNESCO gewesen sein.


Das schöne an den japanischen Gärten ist übrigens meiner Ansicht nach, daß ihre Besichtigung auch mitten im Winter noch lohnenswert ist. Irgendwas blüht immer, einige Sträucher lassen sich darin auch nicht von etwas Schnee irritieren, viele Bäume und Büsche sind immergrün. Das einzige, was mich gestört hat, waren die abfrierenden Finger infolge des verlorenen Handschuhs. Weswegen ich mich auch etwas gesputet habe, durch den Garten zu laufen.

Es gab aber noch einen anderen Grund: es war kurz nach drei Uhr, so langsam wurde es dämmerig, und ich wollte noch durch den Bambuswald gehen, der sich hinter dem Tempelgarten befindet.


Wer ist schon mal durch einen Bambuswald gegangen?


Es ist unglaublich schön!! Es ist zwar ein Nutzwald, wenn ich das richtig mitbekommen habe, durch den eine kleine asphaltierte Straße führt, aber Bambuswäldchen bleibt Bambuswäldchen.


Und mittendrin klingelte plötzlich mein Handy, das ich ausnahmsweise mal angelassen hatte...
Nun ist das mit meinem Handy so eine Sache: in der Regel steckt es in der kleinen Handytasche in meiner Handtasche, für die es eigentlich etwas zu groß ist, und bis ich erstens realisiert habe, daß das mein Handy ist, das da klingelt, zweitens die Handtasche geöffnet und drittens das Handy aus der viel zu kleinen Handytasche herausgefummelt und aufgeklappt habe, hat der Anrufer längst aufgegeben. So auch in diesem Fall (diesmal dauerte es sogar noch länger als gewöhnlich, weil meine Finger inzwischen wirklich abgefroren waren). Und wer hatte angerufen? LS. Vermutlich auf der verzweifelten Suche nach jemandem, der Überstunden machen kann/will.
Schade, daß ich nicht antworten konnte: "I'm so sorry, but at the moment I'm in the midst of the nice bamboo forest in Arashiyama - it's impossible for me to make it for the next lesson!"

5 Kommentare:

Sabine hat gesagt…

Schon mal die Neuanschaffung eines neuen Paares Handschuhe in Erwägung gezogen?

Und diese Schneefiguren sehen aus wie dieses Teile, die es vor ein paar Jahren mal gab, auf deren Name ich jetzt absolut nicht komme (war ja klar). Also diese kleinen elektronischen Tierchen, die man immer zur Unzeit füttern und bespaßen mußte und irgendwann sind sie trotzdem gestorben (virtuell natürlich).

Ute hat gesagt…

Tamagochi. Für die hatten die Japaner damals sogar einen virtuellen Friedhof im Internet angelegt.

Und was die Handschuhe betrifft: natürlich werde ich langfristig nicht um eine Neuanschaffung herumkommen, aber bis jetzt habe ich noch keine gefunden, die mir gefallen (sprich: auch so schön hellblau sind), und an dem Tag hatte ich sie ja gerade verloren!

Sabine hat gesagt…

Ach so, der zeitliche Zusammenhang zwischen den Affen und dem Bambuswald war mir nicht geläufig... Dachte, das wäre an verschiedenen Tagen gewesen (mein Zeitgefühl ist durch das ständige Schreibtischgehocke etwas abhanden gekommen).

Tamagochi, richtig... (aus der Rubrik: wenn's mal wieder länger dauert)

Ute hat gesagt…

Daß Dir der zeitliche Zusammenhang nicht aufgefallen ist, könnte auch damit zu tun haben, daß ich meinen Bericht gesplittet und mit ein paar Tagen Abstand veröffentlicht (hach! ich liebe dieses Wort!) habe.
Andererseits - ich meine mich dunkel zu erinnern, eine kleine Anmerkung darüber eingebaut zu haben...

Sabine hat gesagt…

Stell bitte derzeit nicht auf meinen geistigen Horizont ab, der ist durch Wirtschaftsprüfungslernen stark eingeschränkt und vegetiert in der Internationalen Rechnungslegung vor sich hin! ;-) Traurich...