Dienstag, Oktober 25, 2005

OJT - first day

Ja, inzwischen ertappe ich mich wirklich dabei, wie ich manches schon gleich auf Englisch denke. Ein gutes Zeichen. Wenn ich allerdings eine längere Zeit nur Deutsch gesprochen habe, ist mein Englisch hinterher wieder so was von grottenschlecht...

„OJT“ bedeutet übrigens „on the job training”, nur zur Erläuterung meiner heutigen Überschrift.

Ich mußte zwar erst um 12:30 zur Arbeit erscheinen, aber ich bin trotzdem früher aufgestanden als an den Tagen zuvor, denn ich wollte ja vorher noch zur Bank, und das wichtigste von allem: meine Zeitung ist da!!! Frühstückslektüre gesichert! Gestern abend waren gleich zwei Exemplare meiner innigst geliebten FAZ da (sollte ich von denen einen Preisnachlaß verlangen, wegen der Werbung?), die von Mittwoch und Donnerstag. Nicht mehr so ganz taufrisch, aber Hauptsache, ich bleibe einigermaßen auf dem laufenden. Und da geht eben nichts über eine ordentliche Tageszeitung. Heute kam übrigens die von Samstag – wo ist die Freitagsausgabe abgeblieben?!

Auf der Bank lief alles ganz unkompliziert. Eine Filiale der UJB ist nur ein paar Schritte von meiner Wohnung entfernt, ein Antrag auf Kontoeröffnung samt Anweisung zum Ausfüllen war in dem Arrival pack enthalten, es hatte ja nur noch der hanko gefehlt.

Beim Betreten der Bank wurde ich gleich von zwei Bankangestellten begrüßt, die im Eingangsbereich rumstehen und deren einzige Aufgabe darin zu bestehen scheint, die eintretenden Kunden zu begrüßen und ihnen evtl. zu erklären, wo sie hingehen müssen.

In meinem Fall sah das nun so aus, daß ich beim Eintreten sofort unzweifelhaft als Ausländerin (und warum erkennt die Rechtschreibprüfung jetzt dieses Wort nicht?!), und bei der Begrüßung auch gleich als des Japanischen nicht mächtige Ausländerin erkannt wurde. Daraufhin holte die erste der beiden Damen einen Handzettel hervor, auf dem in Englisch und Japanisch die verschiedenen Gründe verzeichnet waren, dessentwillen Leute im Allgemeinen eine Bank betreten. (Ob sich auch „Hände hoch, dies ist ein Überfall!“ in der Liste befand, habe ich nicht nachgesehen. *zwinker*) Ich mußte nur auf „account opening“ zeigen, und daraufhin zog die zweite Dame für mich eine Nummer und bedeutete mir, ich möge solange Platz nehmen, bis meine Nummer aufgerufen würde. Die andere wollte mir ein Antragsformular geben, aber ich hatte ja schon eines.

Als ich dann dran war (dauerte keine fünf Minuten), ging ich also zu dem entsprechenden Schalter, erklärte, ich wolle ein Konto eröffnen und holte alle nötigen Unterlagen hervor, als da wären: Reisepaß, Alien registration certificate, Antragsformular und hanko, wie auf dem Infoblatt von Nova beschrieben.

So ganz vollständig ausgefüllt war der Antrag dann aber doch nicht, aber das waren Dinge, die auf dem Infoblatt unmöglich Platz gefunden hätten. So mußte ich zum Beispiel noch mein Geburtsdatum angeben – und zwar nach dem japanischen Kalender! Monate und Tage sind da identisch mit unseren, aber die Jahreszahlen variieren. Die sind da in irgendeinem Rhythmus, der sich immer wieder wiederholt. Gegenwärtig schreiben wir, meine ich vor einigen Tagen irgendwo gelesen zu haben, mal wieder das Jahr 13, und mein Geburtsjahr ist 53.

Das Mädchen, das meinen Antrag bearbeitet hat, war wahnsinnig nett. Sie sprach auch ein bißchen Englisch, und ihre japanische Frage, ob ich Deutschlehrerin für Nova sei, konnte ich auch beantworten (dazu reicht mein Japanisch). Richtig begeistert war sie aber, als sie das Infoblatt von Nova sah, daß ich zur Sicherheit vor mir liegen hatte. Davon wollte sie gerne eine Kopie machen (logo, damit kann man jedem Ausländer, ob nun von Nova oder nicht, erklären, wie man seinen Antrag auszufüllen hat, und wie die Prozeduren so ablaufen, wann man seine Geldkarte bekommt etc.), was ich ihr natürlich erlaubt habe. Man hilft sich doch, wo man kann.

Danach mußte ich nur noch eine Weile warten, bis ich mein Sparkassenbuch in Empfang nehmen konnte, und danach konnte ich gehen. Irgendwann in zehn Tagen bekomme ich dann meine Geldkarte.

Danach bin ich nach Namba gefahren, habe da erst etwas gegessen und bin dann ins MMC gegangen, habe meine Karte abgestempelt und dann gewartet, bis mich irgend jemand abholt. Pünktlich um 12:30 erschien dann auch André, mein persönlicher Trainer, ein Leipziger, der sich sein Sächsisch mühsam abtrainiert hat, wie er mir später erzählte. Das ist der Vorteil, wenn man der bzw. die einzige Deutsche unter den Neulingen ist – alle anderen werden in Zweier- oder gar Dreiergruppen eingearbeitet.

Schritt 1: André zeigte mir meinen persönlichen „locker“, ein kleines Schließfach, das sich zwar nicht abschließen läßt, aber trotzdem so genannt wird. Darin kann man ein paar persönliche Dinge unterbringen. Zum Beispiel dürfen wir im MMC Schlappen tragen (um den kostbaren Bodenbelag zu schonen), weil die „Kunden“ von uns ja eh nur Gesicht und Schultern zu sehen bekommen. Ich habe heute kurzerhand ein Paar der abgrundtief häßlichen Slipper mitgenommen, die zur Wohnungseinrichtung gehören, weil ich zuhause eh meine eigenen Schlappen benutze, und bevor ich die immer zur Arbeit mit- und wieder zurückschleppen muß, kann ich auch die häßlichen Teile nehmen, die sonst auch nur im Schrank rumgestanden hätten. Wenn ich nicht arbeite, kann ich da auch mein persönliches Headset lassen.

Schritt 2: Einführung in die Technik. Alle Lehrmaterialien sind online, es gibt „Flashcards“ (kleine lustige Bildchen, um unbekannte Wörter zu illustrieren), Sounds, man kann Sätze oder Wörter eintippen und sie den Schülern einblenden, es gibt ein Whiteboard, wo man mit einem speziellen Stift Wörter oder Sätze handschriftlich notieren und auch mal eine kleine Zeichnung machen kann (funktioniert so ähnlich wie früher diese Zauberbilder oder wie die Dinger hießen, Ihr wißt schon, ein Wisch, und alles ist weg). Das wurde mir zuerst erklärt, dann durfte ich selber alles mal ausprobieren.

Schritt 3: Einführung in die Lehrmethode von Nova, zunächst theoretisch: Levels, Einstufung der Schüler, Unterrichtsabschnitte. Danach habe ich eine Stunde auf DVD vorgespielt bekommen, die Robin (der Typ von gestern) irgendwann mal gehalten hat. Anschließend habe ich anhand dieser Stunde die einzelnen Abschnitte einer Unterrichtseinheit erklärt bekommen.

Schritt 4: Wir sind eine andere Lektion Schritt für Schritt durchgegangen, zuerst hat André mir vorgespielt, wie er den Unterricht gestaltet, dann war er mein „Schüler“, und ich mußte ran. Jeder einzelne Schritt wurde kurz besprochen, was für Varianten man einbauen kann, wie man bestimmte Phrasen auch anders erklären könnte usw.

Schritt 4: Sorgfältige Vorbereitung meiner allerersten Stunde (Thema: „Ich mag...“; „Mögen Sie...?“), die ich anschließend auch halten mußte. Zum Glück war das noch keine „richtige“ Stunde, sondern nur eine one-to-one Übungsstunde mit einem japanischen Mitglied der Belegschaft, Nana, für die das ebenfalls die allererste Deutschstunde ihres Lebens war. Was war ich nervös!!!

André hat mir vorher noch gesagt, daß er von mir von dieser allerersten Stunde nur drei Dinge erwartet: erstens, daß ich durchhalte und nicht mitten in der Stunde panisch aus meiner Box (booth) renne (soll wohl tatsächlich schon vorgekommen sein), daß ich keinen der Arbeitsschritte auslasse, und daß ich in jedem mindestens eine „activity“ bringe.

Das lief dann so ab: Nana kam drei Minuten zu spät, das Whiteboard in der betreffenden Box funktionierte nicht, so daß ich die weglassen mußte, ich war fürchterlich nervös, Nana hat mich nicht immer verstanden, am Anfang habe ich vergessen, ihr das Bild, daß ich ihr zeigen wollte, zuzuschalten – aber ich habe durchgehalten und bin nicht schreiend aus meiner Box gestürmt. Ich fand mich grauenhaft.

André meinte, für das erste Mal sei es wirklich gut gewesen, und ich würde das schon schaffen. Das hat mich nur solange beruhigt, bis mir wieder einfiel, daß das ständige Loben der Schüler ja zum Unterrichtsprogramm gehört (man darf die Leute schließlich nicht entmutigen)...

Morgen geht es weiter mit den Feinheiten der Technik, und dann werde ich zum allerersten Mal auf echte Schüler losgelassen. Au weia!

Zwischendurch gab es natürlich auch Pausen, und in der „Mittagspause“ zwischen 16:00 und 17:00 habe ich es tatsächlich geschafft, in einem Buchladen in Namba Station das winzige Regal mit englischsprachigen Büchern ausfindig zu machen (Barbara ist eben aus allen Wolken gefallen, sie war felsenfest davon überzeugt, daß es da gar keine nicht-japanischen Bücher gebe). Das muß Instinkt sein. Jedenfalls habe ich 1.380 Yen für ein englisch-japanisches Buch ausgegeben: „Recipes of Japanese Cooking“, mit einer schönen Einführung in die japanische Küche und die dazugehörige „Hardware“ (Küchengeräte und Zutaten). Auch der korrekte Gebrauch der Eßstäbchen wird da erklärt. Na denn...

1 Kommentar:

Sabine hat gesagt…

Wenn ständiges Loben des Schülers dazugehört - im Ernstfall also nicht vergessen! ;-) Und im Zweifel werden sie die (nervöse, weil Anfängerin) Lehrkraft zurückloben. Hoffe ich doch.

Wie ist denn der Umrechnungskurs Euro-Yen? (Wehe, Du kommst mir mit Wikipedia) Damit man mal einen Anhaltspunkt bekommt...