Sonntag, September 04, 2005

Kulturschock Japan

Und wieder eine neue Folge unserer beliebten Reihe „Rezensionen von Büchern über Japan“. Wie der Titel schon sagt, geht es heute um das wohl wichtigste Buch für mich, „Kulturschock Japan“ von Martin Lutterjohann aus dem Reise Know-How Verlag in Bielefeld (?!). Das Exemplar aus der Stadtbibliothek, was ich hier vor mir liegen habe (so ein Flachbildschirm schafft ganz schön Platz auf dem Computertisch!), ist auch nicht mehr ganz taufrisch (4. aktualisierte Auflage von 1998), hat erste Auflösungserscheinungen und ist von einem früheren Leser offensichtlich mal mit Wasser übergossen worden.

Wie gesagt, von den Büchern zu Japan auf meinem Schreibtisch ist das mit Sicherheit das wichtigste, denn es enthält wertvolle Informationen zu Verhaltensregeln, Sitten und Bräuchen in Japan. Mit anderen Worten: es verrät mir, wo die Fettnäpfchen liegen. (Wahrscheinlich werde ich einige Fettnäpfchen doch nicht auslassen – wenn Ihr Glück habt, werden die Vorfälle dann an dieser Stelle dokumentiert.)

Zur Auflockerung hat der Autor noch die Erlebnisse eines fiktiven jungen Paares auf Japanreise (teils beruflich, teils privat) in das Buch eingefügt – und die beiden stellen sich tatsächlich in der Regel so ungeschickt und unsensibel an, daß sich der geneigte Leser zufrieden in seinem Sessel zurücklehnen und sich über die Doofheit der beiden amüsieren kann – in der beruhigenden Gewißheit, daß man selbst sich nie dermaßen dämlich anstellen würde. Warum ein junges Paar im Alter von 32 und 29 ausgerechnet die Namen Wolfgang und Renate tragen muß, bleibt das Geheimnis des Verfassers.

Mit besonderem Interesse habe ich das Kapitel zur Begrüßung gelesen, denn wie heißt es so schön: der erste Eindruck ist endscheidend. Daß man sich in Japan zur Begrüßung verneigt, wußte ich schon. Das ist aber noch nicht alles, wie ich aus diesem schlauen Buch erfahren habe: bei Begrüßungen

legen die Männer ihre Hände leicht vorn oder seitlich an die Oberschenkel. Die Frauen umfassen mit der rechten die linke Hand und legen beide zu einem Dreieck verbunden ebenfalls an die Oberschenkel, aber natürlich in der Mitte. (S. 13)

An dieser Stelle wäre eine kleine Illustration oder gar ein Foto nicht schlecht gewesen.

Daß sich der Rangniedere immer etwas tiefer verbeugen muß als der jeweils Ranghöhere, war mir ebenfalls bereits bekannt (als Faustregel kann ich mir schon mal merken, daß ich als Frau in der Regel automatisch die Rangniedere bin – *grummel*), aber auch hier ist alles genau festgelegt. Zum Glück wird von Westlern nicht erwartet, daß sie die Regeln so genau kennen, deshalb geht es in Ordnung, wenn man einfach eine mittlere Verbeugung macht (uff!). Auch viele jüngere Japaner nehmen es mit den Verbeugungsregeln nicht mehr so genau – und bieten so den älteren Anlaß zur Klage über den allgemeinen Sittenverfall, aber davon erwähnt der Autor nichts. Aber zurück zur formvollendeten japanischen Verbeugung:

Bei formellen Anlässen und der ersten Begegnung (des Tages) gilt die formelle Verbeugung (Oberkörper ca. 30° abknicken, 3 Sek. halten), ansonsten die informelle (Oberkörper ca. 15° abknicken, 1-2 Sek. halten). (ebd.)

Visitenkarten sind extrem wichtig, werden mit beiden (!) Händen überreicht bzw. entgegengenommen, und danach nicht etwa achtlos eingesteckt (und auf gar keinen Fall in die Gesäßtasche!!!), sondern aufmerksam studiert – bei meinem fantastischen (har, har) Namensgedächtnis wird mir sowieso nichts anderes übrigbleiben.

Wichtig ist auch die Auflistung der wichtigsten Gesten (Kopfnicken gleich Bejahung wie bei uns, aber die Verneinung wird dadurch ausgedrückt, daß man mit der rechten Hand vor dem Gesicht herumwedelt). Allerdings vermisse ich in dieser Auflistung etwas ganz entscheidendes: welche Gesten sollte man in Japan tunlichst nicht verwenden?!

Tja, sonst enthält das Buch noch viele Infos zum japanischen Essen, zum Einkaufen, zum angemessenen Verhalten wenn man bei Japanern eingeladen ist und so weiter.

Wie gesagt, alles sehr wichtig und brauchbar für mich – und für alle anderen, die irgendwann einmal nach Japan wollen, egal als Tourist oder für länger, so wie ich, sei es damit ganz dringend ans Herz gelegt (und inzwischen ist bestimmt auch schon wieder eine aktualisierte Ausgabe im Buchhandel erhältlich).

Zum krönenden Abschluß noch eines der japanischen Sprichwörter, die in dem Buch (S. 33) vorgestellt werden. Dieses hier habe ich zu meinem Lieblingssprichwort erkoren:

„Saru mo ki kare ochiru“ – Auch ein Affe fällt mal vom Baum.

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