Montag, August 22, 2005

Trauerfall

In den letzten paar Tagen bin ich gar nicht dazu gekommen, mich weiter mit Japanisch zu beschäftigen. Bei den Schriftzeichen habe ich allerdings erste Fortschritte erzielt. Ich habe mich schlicht an meine alte Vokabel-Einpräg-Methode erinnert, Karteikärtchen, und habe einen Stapel angelegt: vorne das Zeichen, hinten die Bedeutung (und eine kleine Markierung, die mir verrät, um welche Art Schriftzeichen es sich handelt: „H“ = Hiragana, „K“ = Katakana, und „Ka“ = Kanji). Und dann alles erst einmal ordentlich durchgemischt. Funktioniert wunderbar. Warum bin ich nicht schon eher darauf gekommen? Diese Methode habe ich doch jahrelang angewendet!! Manchmal bin ich mir selbst ein Rätsel.

Die Zwangspause der letzten Woche hat aber einen traurigen Anlaß: am Dienstag nachmittag ist mein Opa Karl ganz plötzlich im Krankenhaus gestorben. Eigentlich hätte er am Mittwoch schon wieder entlassen werden sollen, denn die Bronchitis, wegen der er eingeliefert worden ist, war ausgeheilt. Allerdings wäre er auch nur zum Sterben nach Hause entlassen worden, denn er hat am Ende überhaupt nichts mehr gegessen, und getrunken hat er auch nicht mehr, weil er nicht mehr schlucken konnte. Der Körper wollte nicht mehr.

Im Oktober wäre er 96 Jahre alt geworden. Über die Traueranzeige haben wir seinen Spruch gesetzt: „Der liebe Gott muß es gut mit mir gemeint haben, sonst hätte er mich nicht so alt werden lassen.“ (Der Bestatter hat bloß nicht daran gedacht, den Spruch wie auf unserer Vorlage in der alten – richtigen – Rechtschreibung zu lassen, aber das nur so am Rande.)

Am schlimmsten ist es für meinen Vater, weil Opa, als er am späten Abend noch einmal ins Krankenhaus gefahren war, um nach seinem Vater zu sehen, schon gestorben war. Mein Vater wäre gern dabei gewesen, wie damals bei Oma.

Daß ich nach Japan gehe, habe ich ihm noch erzählen können. An dem Tag, als ich die Email mit der frohen Botschaft aus London gelesen habe, bin ich zu ihm ins Krankenhaus gefahren. Seine Reaktion auf die Neuigkeit war typisch für ihn: "Sieh zu, daß du keine Schlitzaugen bekommst!" Das war Opa. Auch wenn das Gedächtnis schon seit Jahren nicht mehr richtig funktioniert hat, für einen dummen Spruch hat es immer noch gereicht.

Gestern mittag war die Beerdigung, und deshalb hatten wir in den Tagen davor jede Menge zu tun. Ein Teil unserer Verwandtschaft aus dem Ruhrgebiet ist angerückt, und da mußte die Bude natürlich aufgeräumt werden. Und weil sie vor der langen Rückfahrt nach Dortmund doch etwas mehr zu essen bekommen sollten als bloß den Kuchen und die Brötchen vom Kaffeetrinken, haben wir noch einen zünftigen Leichenschmaus vorbereitet – echte ostwestfälische Bratwürstchen vom Fleischer unseres Vertrauens und Kartoffelsalat (meinen!). Und zu einer kleinen Stärkung vor der Weiterfahrt zur Trauerkapelle hatten wir sie auch eingeladen. So hatten wir in den vergangenen Tagen also jede Menge zu tun.

Die Trauerfeier war sehr schön, auch weil keiner der üblichen Beerdigungschoräle gesungen wurde, sondern nur Opas Lieblingslieder: „Geh aus, mein Herz“, „Lobe den Herren“ und „Großer Gott, wir loben dich“. Der Pastor hat auch eine sehr schöne Ansprache gehalten. Nur das Wetter hätte etwas besser sein können: es goß in Strömen.

Heute hatte ich auch noch keine große Lust, mich mit Lektion 3 meines Lehrbuches zu befassen, aber morgen geht es weiter. Übrigens hat sich zu meiner Vorbereitungslektüre ein weiteres Buch gesellt: am Mittwoch war ich mit Sabine auf ihrer Heimatbesichtigungstour verabredet, und im Ausgleich für den Tee, den ich ihr aus London mitgebracht hatte, habe ich von ihr den „Länderbericht Japan“ der Bundeszentrale für politische Bildung von 1998 bekommen, den sie extra für mich (!!!) in Berlin besorgt hat (zusammen mit dem Japan-Heft der „Informationen für politische Bildung“, den ich allerdings selbst schon hatte). An dieser Stelle noch einmal ein herzliches DANKE an Sabine!!! Herausgeber des Länderberichts ist übrigens derselbe Manfred Pohl, der auch schon das Buch aus der Beck’schen Reihe geschrieben hat. Wie schon einmal angekündigt, folgen demnächst weitere Kurzrezensionen. Jetzt kann ich mich ja wieder auf meine Vorbereitungen konzentrieren.

1 Kommentar:

Sabine hat gesagt…

Da sach ich doch mal: "da nich' für" und "gleichfalls".