Dienstag, August 30, 2005

Schrift und Aussprache

Heute nachmittag stand ein kurzer Besuch beim Zahnarzt meines Vertrauens an zur professionellen Zahnreinigung. Damit Sie auch morgen Ihren Schülern freundlich zulächeln können! ;-)

Japanisch ist übrigens die Sprache ohne „l“. Bei Fremd- und Lehnwörtern wird ein „l“ daher kurzerhand durch ein „r“ ersetzt. Also nix mit „Fischels Flitze fischt flische Fische“, das mag ja vielleicht auf Chinesisch zutreffen, aber nicht auf Japanisch. Dann schon eher „wenn Friegen hinter Friegen friegen, friegen Friegen Friegen nach“.

Kostproben gefällig? „sarariman“ – der Angestellte. Dahinter verbirgt sich der „salaryman“. Auch schön: „terebi“. Japanisiert und abgekürzt – „television“.

Ohne als „r“ getarntes „l“, aber überlebensnotwendig: „ko-hi“ – Kaffee!

Nova hat auf ihrer Homepage zwei PDf-Dokumente mit Hiragana und Katakana für alle, die ein wenig Japanisch lernen wollen. Habe da mal einen wohlwollenden Blick draufgeworfen – und die beiden Seiten sofort runtergeladen und ausgedruckt. Die haben da eine andere Schriftart als mein Lehrbuch verwendet – und nach diesen Tabellen bekomme ich doch gleich eine viel genauere Vorstellung davon, wie ich diese ganzen Zeichen malen so!! Unglaublich praktisch!!

Außerdem befindet sich jeweils rechts auf dem Blatt eine Liste mit wichtigen Wörtern oder sogar Sätzen in lateinischer Umschrift und mit leeren Kästchen zum Ausfüllen in Japanisch. Einige Wendungen kenne ich ja schon, aber hier finde ich auch einen extrem wichtigen Satz: „wakarimasen“ – „I don’t understand“. Den werde ich bestimmt ganz oft brauchen.

Freitag hat sich in der FAZ noch ein Anglistik-Prof über die Schwierigkeiten des Englischen und Deutschen ausgelassen (Fazit: Deutsch ist doch nicht so schwer, wie alle glauben, und Englisch hat auch jede Menge Tücken). Da ging es u.a. um die teilweise doch recht abenteuerliche Orthographie im Englischen, wo man sich nie so ganz sicher sein kann, welchem Laut die Buchstaben in einem bestimmten Wort entsprechen. Prompt finde ich ein eigenes schönes Beispiel in den Aussprachehilfen von Nova:

u–sounds like oo, as in Sue.

Apropos Aussprache: Zischlaute werden im Japanischen offenbar sehr weich ausgesprochen – jedenfalls klingen sie auf der Lehrbuchkassette sehr wie die polnischen weichen Zischlaute. Das ist sehr schön, denn da weiß ich, wie ich sie zu artikulieren habe. Schwieriger ist es mit dem Wort für Sprache, „go“, das nasal ausgesprochen werden soll. Wie, bitte schön, spricht man ein nasales „g“?!

Montag, August 29, 2005

Aktuelle (na ja) Länderkunde

Das Japan-Buch aus der Beck’schen Reihe von Manfred Pohl habe ich nun weitestgehend gelesen. Aktuell ist es inzwischen ja überhaupt nicht mehr (zur Erinnerung: es ist 1991 erschienen). Das merkt man schon auf der ersten Seite, wo es um so wahnsinnig tagesaktuelle Themen wie die Geographie des Landes geht:

(...) das Japan-Meer trennt die Inseln von Korea, China und dem asiatischen Teil der Sowjetunion. (S. 9)

Jetzt aber Schluß mit dem Lästern über nicht mehr ganz so aktuelle Bücher. Die Lektüre lohnt sich nämlich trotzdem. Der größte Teil des Buches behandelt die japanische Geschichte, und die veraltet eben nicht (das einzige, was sich da ändert, sind die Bewertungen der Geschichte durch die Historiker, aber das muß mich jetzt nicht kümmern). Natürlich macht einen die Lektüre des Buches nicht zu einem Kenner der japanischen Geschichte, und ich bin auch weit davon entfernt, mir all die Namen, Daten, Orte und Ereignisse gemerkt zu haben, aber ich habe einen Überblick gewonnen. Im 17. Jahrhundert hat sich Japan nahezu vollständig von der Außenwelt abgeschottet, nur holländische Kaufleute durften auf einer künstlichen Insel vor Nagasaki eine Niederlassung unterhalten. Und auch chinesische Kaufleute durften den Hof in Edo (heute: Tokyo) besuchen.

Mitte des 19. Jahrhunderts erzwangen dann die Amerikaner die Öffnung Japans. Unter dem Meiji-Tenno wurde dann eine atemberaubende Modernisierung des Landes gestartet. Innerhalb weniger Jahrzehnte gelang es so, einen agrarisch geprägten Feudalstaat in einen aufstrebenden Industriestaat mit moderner (na ja, für damalige Zeit halt) Verfassung und Rechtswesen zu verwandeln – und zwar nach westlichem Vorbild, aber mit ausgeprägt japanischer Prägung.

Der Nachteil dieser Entwicklung bestand darin, daß das japanische Kaiserreich, kaum daß es die Gefahr einer Kolonialisierung durch Europäer und Amerikaner erfolgreich abgewehrt hatte, selbst zur Kolonialmacht wurde. Bis zur Niederlage im zweiten Weltkrieg 1945 nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Nach dem Krieg gelang Japan eine erneute Modernisierung, diesmal von einer Militärmacht zu einer Wirtschaftsmacht – die sich im übrigen derzeit mit Deutschland, Indien und Brasilien um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat bemüht (aber das steht in dem buch noch nicht drin!).

Tja, die Kapitel über die Wirtschaft und Kultur habe ich mir dann geschenkt – das gibt es ausführlicher und aktueller im „Länderbericht Japan“ der Bundeszentrale für politische Bildung, dessen Herausgeber Manfred Pohl ist, der Autor des hier besprochenen Buches. Dafür ist die Geschichte Japans im Länderbericht weniger ausführlich dargestellt – beide Bücher ergänzen sich somit auf das vortrefflichste.

Samstag, August 27, 2005

Lektion 4

Der August neigt sich dem Ende zu, ich habe immer noch keinen Laptop, meinen Kleiderschrank habe ich auch noch nicht aufgestockt, eine neue (digital-)Kamera wäre auch nicht schlecht, ich muß meinem Hausarzt gestehen, daß mir mein Impfpaß irgendwo zwischen Moskau, Rostock und Bad Oeynhausen abhanden gekommen ist und ich die eine oder andere Impfung vielleicht doch mal besser auffrischen sollte (Reiseempfehlungen des AA: Tetanus, Diphterie, Polio, Hepatitis A und B, evtl. Japanenzephalitis – was auch immer das sein mag, klingt jedenfalls ungesund – , falls man vorhat, auf die südlichen Inseln zu fahren), bei der Krankenkasse muß ich mich auch noch abmelden, mein Reisepaß ist noch nicht ausgestellt...

Außerdem hat das Japanischlehrbuch 16 Lektionen, und da ich die mitgelieferte Kassette nun mal nicht in das DVD-Laufwerk meines zukünftigen Laptops schieben kann, werde ich wohl zusehen müssen, daß ich vor meiner Abreise das Buch durch habe. Also, zumindest alles mal angehört habe.

Logische Schlußfolgerung: Schluß mit den Zwangspausen, es wird weitergelernt, auch wenn noch nicht alle Schriftzeichen sitzen!

Resultat heute abend, Lektion 4: FRUST! Wenn man die Schriftzeichen nicht beherrscht, kann man den Text nicht lesen. Wenn man den Text nicht lesen kann, kann man dem vorgelesenen Text auch nicht folgen und die Laute den einzelnen Zeichen zuordnen. Ich hänge noch über den ersten beiden Zeichen, da ist der Sprecher längst fertig!!

Zugegeben, ich war auch etwas müde, als ich mich ans Lernen gemacht habe. Morgen sieht alles garantiert wieder ganz anders aus. Wenn die die Sätze bloß mal etwas langsamer sprechen würden! Da kommt ja kein Schwein mit!

Ich habe übrigens eine Gemeinsamkeit des Deutschen und des Japanischen festgestellt: aus zwei mach eins! Sprich: man neigt zu zusammengesetzten Wörtern. Unvergessen die Reaktion von Mascha aus dem Moskauer Unichor beim Blick in mein Vokabelheft, wo sich an erster Stelle der Seite auf der rechten Spalte das deutsche Wort „Immatrikulationsbescheinigung“ hinquetschte.

Gut, dermaßen lange Wortungetüme sind mir im Japanischen bislang noch nicht begegnet, aber das kommt garantiert noch. Vielleicht auch nicht unbedingt im Rest des Lehrbuchs, aber in Japan dann ganz bestimmt. Bis jetzt hält sich alles noch in Grenzen: „isha“ heißt Arzt, „me“ ist das Auge, und „meisha“ ist der Augenarzt. Genauso wie „ha“ (der Zahn) + „isha“ = „haisha“ (Zahnarzt). „Sakana“, Fisch, und „hana“, Blume, werden durch anfügen des Wortes „ya“ (Laden) zu „sakanaya“ (Fischgeschäft) bzw. „hanaya“ (Blumenladen). Allerdings können die beiden letztgenannten auch den Inhaber des jeweiligen Ladens bezeichnen.

Von dem Verb „sein“ gibt es auch nur eine einzige Form für die Gegenwart, „ich bin“, „du bist“ ... „sie sind“ werden alle durch ein schlichtes „des“ wiedergegeben. „Hanayades“ kann also sowohl „das ist ein Blumenladen“ als auch „ich bin Blumenhändler“ bedeuten. Das kommt halt auf den Kontext an. Denn, das habe ich schon in Lektion 1 gelernt,

Satzteile, wie das Subjekt oder Objekt, können im Japanischen weggelassen werden, wenn durch den Kontext klar ist, worauf sich die Aussage bezieht.

Vielleicht wird dadurch aber auch bloß eine besonders enge Identifikation des Händlers mit seinem Laden ausgedrückt. Japaner sollen ja so furchtbare Workaholics sein... ;-)

Donnerstag, August 25, 2005

Schöpfungsmythos

Auf der schwebenden Himmelsbrücke stand einst das Götterpaar Izanami und Izanagi und blickte hinunter auf die endlos ausgebreitete Salzflut. Neugier trieb das Paar, im salzigen Meer nach Land zu suchen; dazu rührten die beiden mit einem juwelengeschmückten Speer das Wasser auf, und die Tropfen, die von der Speerspitze in die Salzflut zurückfielen, formten eine Insel. Die beiden Götter, Mann und Frau, stiegen auf die Insel herab, errichteten einen Himmelspfeiler und umtanzten ihn. Dann vereinigten sie sich und zeugten die ‚acht Inseln’ Japans, in der frühen Mythologie der Kosmos schlechthin. Die Göttin Izanami gebiert nicht nur die japanischen Inseln, sondern alle Dinge der Welt, die Berge, die Bäume, die Tiere zu Land und im Wasser und nicht zuletzt auch alle ,nachgeordneten’ Götter. An den Verbrennungen während der Geburt des Feuergottes stirbt Izanami und zieht in das Totenreich. Aus diesem ,Land des Dunkels’ will ihr Gatte sie zurückholen, dabei verletzt er aber das strenge Gebot, kein licht zu machen und nicht nach Izanami zu sehen: Er erblickt im Totenreich Izanami in schrecklicher Verwesung. Vor dem rasenden Zorn der erniedrigten Izanami muß ihr Gatte flüchten, und fortan sind die Welten der Lebenden und das Totenreich durch eine geheiligte Grenze voneinander getrennt. Izanami wird zur Herrscherin über das Reich des Dunkels, zur Totengöttin, die Macht über alle Menschen hat.

(aus: Manfred Pohl. „Japan“. Beck’sche Reihe: Aktuelle Länderkunden, München 1991, S. 51)

Das ist doch interessant, oder? Als ich das gelesen hatte, habe ich sofort an den Mythos von Orpheus und Eurydike denken müssen. Gut, die beiden waren keine Götter, aber Orpheus ist auch in das Reich des Todes hinabgestiegen, um seine Frau da rauszuholen, und er hat sie auch – obwohl es ihm streng verboten war – angesehen und sie so für immer verloren. Ist das jetzt einfach Zufall?

Gut, der Mythos wirft für mich noch einige Fragen auf, z.B.:

  1. Haben die beiden auch die Himmelsbrücke und das Salzmeer geschaffen, oder war das schon vorher da, und wenn ja: wo kamen sie her?
  2. Woher hatten sie ihren juwelengeschmückten Speer? Berge (→ Edelsteine) und Pflanzen (→ Bäume → Holz) gab es doch noch gar nicht!

Aber das ist, zugegebenermaßen, Haarspalterei. Aber die Parallele zu Orpheus finde ich schon spannend...

Montag, August 22, 2005

Trauerfall

In den letzten paar Tagen bin ich gar nicht dazu gekommen, mich weiter mit Japanisch zu beschäftigen. Bei den Schriftzeichen habe ich allerdings erste Fortschritte erzielt. Ich habe mich schlicht an meine alte Vokabel-Einpräg-Methode erinnert, Karteikärtchen, und habe einen Stapel angelegt: vorne das Zeichen, hinten die Bedeutung (und eine kleine Markierung, die mir verrät, um welche Art Schriftzeichen es sich handelt: „H“ = Hiragana, „K“ = Katakana, und „Ka“ = Kanji). Und dann alles erst einmal ordentlich durchgemischt. Funktioniert wunderbar. Warum bin ich nicht schon eher darauf gekommen? Diese Methode habe ich doch jahrelang angewendet!! Manchmal bin ich mir selbst ein Rätsel.

Die Zwangspause der letzten Woche hat aber einen traurigen Anlaß: am Dienstag nachmittag ist mein Opa Karl ganz plötzlich im Krankenhaus gestorben. Eigentlich hätte er am Mittwoch schon wieder entlassen werden sollen, denn die Bronchitis, wegen der er eingeliefert worden ist, war ausgeheilt. Allerdings wäre er auch nur zum Sterben nach Hause entlassen worden, denn er hat am Ende überhaupt nichts mehr gegessen, und getrunken hat er auch nicht mehr, weil er nicht mehr schlucken konnte. Der Körper wollte nicht mehr.

Im Oktober wäre er 96 Jahre alt geworden. Über die Traueranzeige haben wir seinen Spruch gesetzt: „Der liebe Gott muß es gut mit mir gemeint haben, sonst hätte er mich nicht so alt werden lassen.“ (Der Bestatter hat bloß nicht daran gedacht, den Spruch wie auf unserer Vorlage in der alten – richtigen – Rechtschreibung zu lassen, aber das nur so am Rande.)

Am schlimmsten ist es für meinen Vater, weil Opa, als er am späten Abend noch einmal ins Krankenhaus gefahren war, um nach seinem Vater zu sehen, schon gestorben war. Mein Vater wäre gern dabei gewesen, wie damals bei Oma.

Daß ich nach Japan gehe, habe ich ihm noch erzählen können. An dem Tag, als ich die Email mit der frohen Botschaft aus London gelesen habe, bin ich zu ihm ins Krankenhaus gefahren. Seine Reaktion auf die Neuigkeit war typisch für ihn: "Sieh zu, daß du keine Schlitzaugen bekommst!" Das war Opa. Auch wenn das Gedächtnis schon seit Jahren nicht mehr richtig funktioniert hat, für einen dummen Spruch hat es immer noch gereicht.

Gestern mittag war die Beerdigung, und deshalb hatten wir in den Tagen davor jede Menge zu tun. Ein Teil unserer Verwandtschaft aus dem Ruhrgebiet ist angerückt, und da mußte die Bude natürlich aufgeräumt werden. Und weil sie vor der langen Rückfahrt nach Dortmund doch etwas mehr zu essen bekommen sollten als bloß den Kuchen und die Brötchen vom Kaffeetrinken, haben wir noch einen zünftigen Leichenschmaus vorbereitet – echte ostwestfälische Bratwürstchen vom Fleischer unseres Vertrauens und Kartoffelsalat (meinen!). Und zu einer kleinen Stärkung vor der Weiterfahrt zur Trauerkapelle hatten wir sie auch eingeladen. So hatten wir in den vergangenen Tagen also jede Menge zu tun.

Die Trauerfeier war sehr schön, auch weil keiner der üblichen Beerdigungschoräle gesungen wurde, sondern nur Opas Lieblingslieder: „Geh aus, mein Herz“, „Lobe den Herren“ und „Großer Gott, wir loben dich“. Der Pastor hat auch eine sehr schöne Ansprache gehalten. Nur das Wetter hätte etwas besser sein können: es goß in Strömen.

Heute hatte ich auch noch keine große Lust, mich mit Lektion 3 meines Lehrbuches zu befassen, aber morgen geht es weiter. Übrigens hat sich zu meiner Vorbereitungslektüre ein weiteres Buch gesellt: am Mittwoch war ich mit Sabine auf ihrer Heimatbesichtigungstour verabredet, und im Ausgleich für den Tee, den ich ihr aus London mitgebracht hatte, habe ich von ihr den „Länderbericht Japan“ der Bundeszentrale für politische Bildung von 1998 bekommen, den sie extra für mich (!!!) in Berlin besorgt hat (zusammen mit dem Japan-Heft der „Informationen für politische Bildung“, den ich allerdings selbst schon hatte). An dieser Stelle noch einmal ein herzliches DANKE an Sabine!!! Herausgeber des Länderberichts ist übrigens derselbe Manfred Pohl, der auch schon das Buch aus der Beck’schen Reihe geschrieben hat. Wie schon einmal angekündigt, folgen demnächst weitere Kurzrezensionen. Jetzt kann ich mich ja wieder auf meine Vorbereitungen konzentrieren.

Dienstag, August 16, 2005

Ihr Deutschen - Wir Japaner

Das erste Buch über Japan habe ich jetzt durchgelesen, „Ihr Deutschen – wir Japaner“ von Tatsuo Oguro. Der Autor ist Jahrgang 1938 und Theologieprofessor. In Deutschland hat er promoviert und geheiratet. Insgesamt war er 13 Jahre in Deutschland. Das Buch ist 1984 erschienen.

Interessant ist vor allem sein Blick auf die Deutschen, auch wenn ich den Deutschen an sich (den es ja auch nicht gibt, ich weiß) nicht in allem wiedergefunden habe. Vielleicht hat sich die Mentalität in den letzten 20 Jahren doch stärker gewandelt, als ich dachte. Da schreibt er zum Beispiel, daß ihn und andere Japaner die deutsche Art zu Diskutieren erstaune und irritiere. Er nennt ein Beispiel: ein Deutscher fragt einen Japaner, ob die japanische Sprache einen Zusammenhang mit der chinesischen habe. Der Japaner beginnt zu erzählen und zu erklären, kommt aber nicht weit, weil ihn der Deutsche gleich unterbricht und einen Begriff nachfragt, z.B. „was verstehen Sie unter Kultur?“, woraufhin das Gespräch in eine lange Diskussion über die unterschiedlichen Bedeutungen des Wortes „Kultur“ abdriftet.

So was kann vielleicht auf einem wissenschaftlichen Symposium stattfinden (ich erinnere mich mit Schrecken an die Tagung in Greifswald zum Thema „Ostseeidentität“ letzten Herbst, auf der Jenny und ich waren), aber sonst? So grundsätzlich? Ich habe sogar ein Gegenbeispiel: auf der Abschlußkonferenz der Evaluation der norddeutschen Slawistikinstitute in Hamburg wurde u.a. über die Herausforderung durch Umstellung der Studiengänge auf B.A. und M.A. und die Auswirkungen für das Slawistikstudium diskutiert. Es war grauenhaft. An jeder der fünf beteiligten Universitäten hatte man den B.A. auf seine Weise organisiert, mal waren es drei Jahre, mal vier, mal wird nur eine Sprache studiert, mal zwei, mal war vom Erstfach die Rede, mal vom Zweitfach, ... Man kam zu keinem richtigen Ergebnis, weil jeder von dem System ausging, das an seiner jeweiligen Universität herrschte (und das er auch als einziges kannte) – im Endeffekt haben da lauter gestandene Wissenschaftler mindestens fünfzehn Minuten gekonnt aneinander vorbei geredet. Eine kurze Vorabklärung der Begriffe wäre da sehr von Nutzen gewesen.

Aber vielleicht ist es ja wirklich typisch deutsch und mir fällt es bloß nicht auf, weil ich Deutsche und daran gewöhnt bin?

Was allerdings interessant ist: Japaner sagen ungern „nein“, während wir in der Beziehung ja ziemlich direkt sind. Ein Japaner wird also erst einmal „ja“ sagen, es aber so einschränken, daß die Ablehnung sozusagen „durch die Blume“ deutlich wird. Zumindest für einen anderen Japaner. Man muß also sehr genau hinhören. Das ist, wie ich finde, schon mal ein sehr wichtiger Hinweis.

Amüsiert hat mich das japanische Vorurteil, die Deutschen seien ungeschickt. Da wir Mitteleuropäer vom Körperbau her in der Regel ja etwas kräftiger und größer als der Durchschnittsjapaner sind, können wir – so der Japaner – einfach nicht geschickt und fingerfertig sein, vor allem nicht auf den Gebieten der Technik und Feinmechanik. Oguro widerspricht:

„Meine Beobachtung der Deutschen in der Wirklichkeit des alltäglichen Lebens widerspricht dagegen diesem Urteil. Deutsche sind im Vergleich auch zu anderen Europäern und Amerikanern trotz ihrer nicht gerade zierlichen Körperstruktur erstaunlich geschickt. Oft beobachtete ich in Japan, daß Amerikaner es während ihres Aufenthalts in Japan nicht fertigbringen, das Essen mit Stäbchen zu erlernen. Nach erfolglosen Versuchen geben sie auf. Kein Deutscher jedoch verläßt Japan, ohne das Essen mit Stäbchen zu beherrschen. Vielleicht allerdings üben die Deutschen in ihrer Gründlichkeit der Vorbereitung schon zu Hause.“ S. 33 f.)

Bislang kann ich noch nicht mit Stäbchen essen. Wer weiß, vielleicht übe ich hier schon mal (dazu müßte ich mir allerdings erst ein paar Eßstäbchen anschaffen), aber vielleicht warte ich damit noch und lasse es mir in Japan von Japanern zeigen.

Außerdem bemängelt Oguro, daß die Achtundsechziger (er selbst ist 1969 nach Deutschland gekommen) viel zu viele Elemente des guten alten Erziehungswesens beseitigt hätten (Disziplin! Anleitung zur Selbstdisziplin!) ohne für Ersatz zu sorgen, so daß die Jugend größtenteils orientierungslos aufwachse. Gut, dasselbe wird heute in der Erziehungs- und Bildungsdebatte auch beklagt, aber wie sähe die Bundesrepublik aus, wenn die Achtundsechziger den Mief der Adenauerzeit nicht beseitigt hätten?

Fazit: eine interessante Lektüre, aber eben doch schon zwanzig Jahre alt.

Gestern hat Japan an seine Kapitulation vor 60 Jahren erinnert (viele ausstehende Gedenkveranstaltungen dürfte es danach jetzt eigentlich nicht mehr geben, oder), und aus diesem Grund hat Premierminister Koizumi sein Bedauern über das Leid geäußert, daß Japan den anderen Völkern Asiens gebracht hat. Vor allem die Koreaner und Chinesen waren damit gemeint. Die Koreaner haben gestern auch den sechzigsten Jahrestag des Endes der japanischen Kolonialherrschaft gefeiert.

Außerdem hat es im Nordosten Japans ein großes Erdbeben gegeben, 7,2 auf der Richterskala. Das ist schon recht heftig. Zum Glück ist keiner dabei ums Leben gekommen, es gab lediglich Verletzte. Und es war ganz weit von Osaka entfernt.

Was mir überhaupt nicht gefällt, sind diese Flugzeuge, die plötzlich verstärkt vom Himmel fallen, auch wenn Japan davon gar nicht betroffen ist.

Heute mittag ein kurzer Anruf bei Nova, meine Unterlagen sind eingetroffen, alles in Ordnung. Jetzt erwarten sie meinen neuen Reisepaß (bzw. seine Kopie) bis Freitag, 2.9. Das sind ziemlich genau drei Wochen vom Datum des Antrags aus gerechnet. Wenn die Ausstellung des Passes sich verzögern sollte, dann soll ich rechtzeitig anrufen und Bescheid sagen. Logo.

Übrigens habe ich mit dem Paß ja direkt Glück gehabt. Ab November sollen ja die Pässe mit biometrischen Merkmalen (Fingerabdrücke und was weiß ich noch alles) ausgestellt werden. Stichwort: Fälschungssicherheit, Kampf gegen den internationalen Terrorismus etc. Außerdem haben die Amerikaner es verlangt. Mir ist ein bißchen unwohl bei dem Gedanken daran, daß jetzt die Fingerabdrücke mit in den Paß sollen, und da ist es mir völlig egal, ob die nun verschlüsselt werden oder nicht. Gut, falls es mich in den nächsten zehn Jahren mal zu einem Urlaub oder was weiß ich in die USA verschlagen sollte, muß ich mir vorher erst ein Visum besorgen, na und? Außerdem darf man für den neuen fälschungssicheren (wer’s glaubt) Paß gleich 50 Euro hinblättern, und ich habe meinen jetzt für die Hälfte gekriegt.

Sonntag, August 14, 2005

Papierkram, Teil 2 (weitere Teile folgen garantiert!)

Hurra! Die Unterlagen sind auf dem Weg nach London!! Jetzt kann ich erst einmal wieder durchatmen.

Was war das aber auch für ein Theater. Ein Glück, daß Nova die Sachen erst gefaxt/gemailt haben wollte, denn es mußte doch noch einiges geändert werden.

Gestern vormittag hatte mein Vater alles von seinem Büro aus nach London gefaxt. Später rief mich dann Katie Takashima von Nova an und teilte mir mit, was ich beim Visumantrag alles verkehrt gemacht hatte.

Da hatte ich erstens bei meiner Adresse und den Angaben zu meinem Bildungsweg das Feld für „State/Province/County“ einfach immer freigelassen, weil es in Deutschland halt nicht üblich ist, das Bundesland anzugeben. Das fand Katie verständlich, zumal ich ihr erklärte, daß mein Bundesland Nordrhein-Westfalen nun mal auch so einen langen Namen hat, der unmöglich in das kleine Feld auf dem Formular paßt. Das fand sie verständlich, bat mich aber trotzdem, zumindest die Abkürzung NRW einzutragen. Dasselbe galt für Mecklenburg-Vorpommern (ja, die langen deutschen Wörter!), wo ich studiert habe. Daraus wurde dann MV.

Zweitens hatte ich bei den Angaben zu meinem Studium aus Platzgünden Political Science und Slavonic Studies hingeschrieben, weil die Bezeichnungen meiner beiden Nebenfächer so unverschämt lang sind. Das war aber auch nicht in Ordnung, weil die Fächer auf dem Visumantrag genau dieselbe Bezeichnung wie auf dem Zeugnis tragen müssen, allerdings in englischer Übersetzung.

Deswegen durfte ich den Visumantrag noch einmal neu ausfüllen (Verwendung von Korrekturstiften etc. nicht gestattet) und mein Vater hat ihn dann heute vormittag wieder nach London gefaxt.

Ich konnte Katie aber auch die freudige Mitteilung machen, daß mein Führungszeugnis gestern vormittag angekommen war – in Rekordzeit!! Da hat sich Vater Staat echt selbst übertroffen. Nur zur Erinnerung: ich habe das Führungszeugnis am Freitag angefordert, und da hatte mir die Sachbearbeiterin im Bürgerbüro noch gesagt, es würde zwölf bis vierzehn Tage dauern, könnte aber auch schon, wenn ich Glück hätte, nach acht Tagen bei mir mit der Post ankommen. Jetzt hat es sechs Tage gedauert. Katie wollte dann ganz genau von mir wissen, wo ich das Führungszeugnis beantragt hatte, wie teuer es war und wie lange es gedauert hat. Vermutlich, um den nächsten deutschen Mitarbeitern genauere Anweisungen zu geben.

Wegen meines Reisepasses haben wir dann verabredet, daß ich jetzt sofort einen neuen beantrage, sie schon einmal mit meinem laufenden Reisepaß (von dem sie schon bei meinem Vorstellungsgespräch eine Kopie gemacht haben) mit der Beantragung eines Visums beginnt und ich dann, sobald der neue da ist, ihnen eine Kopie schicke.

Also bin ich gestern nachmittag gleich in der Stadt gewesen, um einen neuen Reisepaß zu beantragen. Dabei bin ich an dieselbe Sachbearbeiterin geraten, die schon letzte Woche meinen Antrag auf ein Führungszeugnis entgegengenommen hat. Sie hat mich auch wiedererkannt: „Sie waren doch letzte Woche schon wegen eines Führungszeugnisses da.“ Da habe ich ihr gleich berichtet, daß es gerade angekommen war – die gute Frau ist vor Überraschung fast vom Stuhl gekippt!

Paßfotos habe ich auch gleich machen lassen. Fünf brauche ich für das Visum und eins für die Krankenversicherung. Die Spezifikationen in dem Begleitschreiben von nova haben die Fotografin ganz schön ins Schwitzen kommen lassen:

„We require 5 passport size photographs in business attire. Please ensure they are identical and a close up of your head and shoulders is fit in the size 4cm x3cm. Please make sure there is a clear space above your head and the top of your head is not cut off. (If you choose to take JMA insurance you will need to provide 6 photographs in total.) Digital prints may not be accepted if they are of poor quality.”

Die Fotografin hat dann ihren Kollegen gerufen, weil sie es einfach nicht geschafft hat, Kopf und Schultern auf ein entsprechend kleines Bild zu packen, wo dann auch noch Platz über dem Kopf ist. Der Kollege hat es auf Anhieb geschafft. Und was das schönste ist: mein Grinsen sieht einigermaßen erträglich aus. Er war auch ganz stolz auf seine Arbeit (und ich habe ihn entsprechend gebauchpinselt). Es sind zwar nun Digitalbilder geworden, aber die Qualität ist gut und der Typ meinte, der letzte Satz solle bloß verhindern, daß da jemand selbstgemachte Paßfotos einreicht.

Anschließend bin ich noch in die Stadtbibliothek gegangen, um das Angebot an Büchern über Japan zu sichten – es sind da durchaus einige vorhanden, nur leider ist das aktuellste auch schon sieben Jahre alt. Ich habe mir trotzdem einige ausgeliehen:

1.) Manfred Lutterjohann, „KulturSchock Japan“, , 4., aktualisierte Auflage, Reise Know-How Verlag, Bielefeld 1998 (als Vorbereitung auf den bevorstehenden Kulturschock sicher nicht das verkehrteste)

2.) Tatsuo Oguro, „Ihr Deutschen – Wir Japaner. Ein Vergleich von Mentalität und Denkweise“, Düsseldorf, Wien 1984 (gut, das Buch hat 20 Jahre auf dem Buckel, aber Mentalitäten ändern sich ja nicht so schnell)

3.) Manfred Pohl, „Japan“, Beck’sche Reihe: Aktuelle Länderkunden, München 1991 (also nicht mehr wirklich aktuell, aber es steht auch viel zur Geschichte und Kultur drin, und was in den letzten 15 Jahren in Japan passiert ist, werde ich in Kurzfassung bestimmt auch an anderem Ort noch finden)

4.) Marianne Mehling (Hrsg.), „Knaurs Kulturführer in Farbe: Japan“, München 1989 (die Japaner haben die letzten 17 Jahren garantiert nicht damit verbracht, ihre wichtigsten Sehenswürdigkeiten abzureißen)

Kurzrezensionen folgen in Kürze.

Aber erst einmal zurück zum Papierkram. Heute vormittag hat mein Vater den neuen Visumantrag und das Führungszeugnis nach London gefaxt, und wieder war ein Fehler im Antrag!! Ich hatte meine Nebenfächer mit „Russian (bzw. Polish) Literature and Culture History“ angegeben, es muß aber „Cultural History“ heißen. AARGH!! Weil aber das Wochenende vor der Tür steht, hätte ich den neuen Versuch erst Montag faxen lassen können. Also habe ich mit Katie vereinbart, den Visumantrag einzuscannen und ihr zu mailen. Daraufhin fragte sie mich, ob ich auch das Führungszeugnis einscannen und mailen könne, weil das Fax unleserlich sei (kein Wunder: auf dem Papier besteht der Hindergrund aus lauter fiselig kleinen, hellgrünen, geschwungenen „Bundesdruckerei“ (oder so ähnlich, jedenfalls irgendwas wichtig klingendes mit „Bundes-“ am Anfang) und einem riesigen dunkelgrünen Bundesadler (das Exemplar im Bundestag heißt aufgrund seiner wahnsinnig adlerähnlichen Figur „fette Henne“, aber das nur so am Rande).

Also habe ich den Visumantrag wieder ausgefüllt (Katie muß so etwas geahnt haben, denn sie hatte mir gestern für alle Fälle das Formular als PDF-Datei zukommen lassen) und auf meinen Vater gewartet. Der Scanner gehört ihm, und ich kann damit noch nicht richtig umgehen. Als wir beide uns dann an die Arbeit machten, begann es auch prompt damit, daß der Computer den Scanner nicht wiederfand... Zum Glück konnte das Problem innerhalb von zehn Minuten behoben werden.

Wir haben dann den Visumantrag und das Führungszeugnis eingescannt, und an Katies Emailadresse geschickt. Gleich darauf habe ich bei Nova angerufen, um Bescheid zu sagen, daß ich Katie was geschickt hatte. War auch schon angekommen. Kurz darauf bekam ich von Katie per Email die Nachricht, daß sie die Dokumente erhalten habe und sie in Ordnung seien. Ich habe dann sofort alle Unterlagen in einen großen Briefumschlag gepackt, habe am PC noch einen kurzen Letter of Acceptance zusammengestoppelt und bin zur Post gefahren, um den Umschlag noch heute per Express-Einschreiben an Nova zu schicken.

Uff!!

Donnerstag, August 11, 2005

Papierkram

So, jetzt habe ich endlich die Formulare ausgefüllt, die Nova mir zusammen mit dem Jobangebot geschickt hat, und zwar

• den (das?) Letter of Appointment and Agreement, in dem ich offiziell erkläre, das Jobangebot anzunehmen

• einen Zettel, auf dem ich meine Einstellung zu Nachtschichten im Multimediazentrum kundtue (= nur, wenn es unbedingt notwendig ist, Zuschläge hin oder her, ich bin doch keine Eule!)

• das Pre-employment Agreement, den Vorvertrag (der eigentliche Vertrag kann erst abgeschlossen werden, wenn ich die Einreiseerlaubnis und das Arbeitsvisum für Japan habe)

• den Antrag auf Aufnahme in die Krankenversicherung JMA (Den habe ich noch nicht ganz ausgefüllt, denn ich muß mich erst noch entscheiden, ob ich das Standard- oder das Plus-Programm wählen soll – das Plus-Programm enthält noch die Erstattung für Rückführungskosten im Todesfall und etwas, was ich als Private Haftpflichtversicherung interpretiert habe. Ich bin aber schon haftpflichtversichert, und anscheinend gilt die weltweit, aber da frage ich zur Sicherheit meinen Versicherungsberater noch einmal. Am besten gleich morgen vormittag.)

• die dazugehörige Medical Declaration

• und schließlich den Visumantrag.

All das muß ich jetzt nach London faxen oder mailen, ich warte nur noch auf die Ankunft meines Vaters, und dann kann ich mich mit ihm diesbezüglich einigen.

Dann muß ich noch Paßfotos besorgen.

Mal bei der Barmer Bescheid sagen, daß ich eine Stelle im Ausland antreten werde. Muß ich meine Krankenversicherung bei denen jetzt kündigen oder wie läuft das?

Bei der GEZ kann ich mich auch abmelden *freu*.

Und wie sieht es mit der Altervorsorge aus? Blödes Thema, wenn man noch nicht einmal 30 ist, aber es hilft ja alles nichts.

Außerdem brauche ich einen Laptop, denn diesen Computer kann ich schlecht in einen Koffer packen. Einen kleinen Drucker besorge ich mir aber am besten da.

Freitag kommt der Arzt aus dem Urlaub zurück, dann kann ich mich auch um meinen Impfschutz kümmern. Und ihm bei der Gelegenheit auch gleich beichten, daß ich meinen Impfpaß verlegt habe, peinlich, peinlich...

Im Wohnzimmer habe ich einen Zettel gefunden, darauf standen in der Schrift meiner Mutter drei Worte: Vogelgrippe, Pandemie, Südostasien. *augenverdreh*

Und ich habe mit Lektion 2 weitergemacht: Jetzt kann ich mich als Deutsche vorstellen. Viele neue Schriftzeichen, die zugegebenermaßen wirklich sehr schön aussehen – im Buch, auf meinem Zettel sind sie alle zu etwas eher undefinierbarem mutiert. Frust!

Immerhin habe ich einige Gesetzmäßigkeiten bei den Schriftzeichen entdeckt: das Zeichen für „ta“ wird durch einfaches Zufügen zweier Striche (in etwa so: ’’, nur etwas schräger) zu „da“, „te“ zu „de“, „su“ zu „zu“ usw.

Die Kanji-Zeichen verwendet man für Stammwörter, mit Hiragana werden hauptsächlich für angehängte Partikel und so was benutzt, und in Katakana schreibt man ausländische Namen und Lehnwörter. Zum Beispiel: Japan besteht aus den Kanji-Zeichen für Sonne und Wurzel, Deutschland (Do-i-zu) wird in Katakana geschrieben und für „Japaner(in) oder Deutsche(r) wird die Partikel „gin“ in Hiragana angehängt. Alles klar?

Überhaupt scheinen die Japaner ihre Partikel grundsätzlich hinter das Wort, das sie bestimmen sollen, zu setzen. „Berlin-no“ bedeutet soviel wie „aus Berlin“. Wenn nach etwas gefragt wird, benutzen die Japaner die Fragepartikel „ka“, die ans Satzende gestellt wird. Gut, so etwas kenne ich schon aus dem Polnischen, nur daß da die Fragepartikel an den Anfang des Satzes gestellt wird. Dafür darf man aber im Japanischen auf der Partikel „ka“ mit der Stimme etwas nach oben gehen, was der deutschen Intonation doch recht nahe kommt.

Und ich habe bei Durchsicht des japanisch-englischen Musterarbeitsvertrages, den Nova mir zur Information geschickt hat, mit Schrecken festgestellt, daß ich außer nach den Satzzeichen nirgends ein Leerzeichen entdecken konnte. Wenn ich mir vorstelle, daß die alle Worte in einem Satz einfach so aneinanderreihen, ohne dem Leser durch Leerzeichen kenntlich zu machen, wo das eine Wort aufhört und das nächste beginnt! Das kann ja noch lustig werden, wenn ich meine ersten Leseversuche unternehme!!

Mittwoch, August 10, 2005

Schreiben lernt man im ersten Volksschuljahr...

Ich habe heute nach ein paar Tagen Pause ganz fleißig Japanisch gelernt. Nein, ich habe nicht mit Lektion 2 weitergemacht, sondern ich habe die Schriftzeichen aus Lektion 1 geübt. Jetzt habe ich fast ein ganzes Blatt vollgeschrieben und mein Handgelenk tut weh.

Ich hätte doch nicht so geizig sein sollen und auf die Anschaffung des Arbeitsbuches verzichten sollen... Irgend etwas sagt mir, daß es darin auch Schreibübungen gibt...

Jedenfalls kann ich die bisher gelernten Schriftzeichen jetzt – lesen. Wie sie aussehen SOLLTEN, weiß ich inzwischen nämlich. Nur haben meine Versuche bestenfalls eine annähernde Ähnlichkeit mit den Vorbildern aus dem Lehrbuch. Das erinnert mich an die ersten Schreibversuche meines Brüderchens, als der Knabe noch lieb und nett war und gerade erst in die Schule gekommen war. Na ja, wenn ich es recht bedenke, dann lerne ich ja auch gerade erst schreiben. Aber, ganz ehrlich: als ich Russisch gelernt habe, da habe ich mich nicht so dämlich angestellt!!!

Aber in zwei Monaten oder so bin ich ja direkt in Japan und kann mir da von Experten das Schreiben beibringen lassen.

Meine Englischkenntnisse sollte ich bis dahin besser auch noch mal erweitern. Bei dem Telefonanruf heute habe ich mich wieder angestellt, Mann, Mann, Mann. Um zu bestätigen, daß ich begriffen habe, was mir der Typ am Telefon gesagt hatte, wollte ich schon mit „ponjatno“ antworten. Zum Glück konnte ich mich gerade noch zusammenreißen.

Jedenfalls habe ich denen nun Bescheid gegeben, daß ich die Stelle annehme. Der erste Schritt auf dem Weg nach Japan ist getan! Die ausgefüllten Unterlagen soll ich ihnen erst mailen oder faxen, damit sie sie auf Vollständigkeit überprüfen können und so. Wäre ja auch blöd, das ganze erst (per Einschreiben!) nach England zu schicken, die stellen dann fest, daß was fehlt, und müssen alles wieder zurückgehen lassen. Kostet ja nur Zeit.

Das Führungszeugnis muß ich nicht übersetzen lassen, es reicht, wenn ich die Übersetzung selbst vornehme. Das Ergebnis wird sicher sehr interessant zu lesen sein, aber immerhin spart es Zeit und Geld. Ich habe mal meine drei „Zeugnisse“ (es waren doch eher Teilnahmebescheinigungen) aus Moskau ins Deutsche übersetzen lassen. Ein teures Vergnügen.

In Japan hat Koizumi Junichiro das Parlament aufgelöst, weil seine Partei dem Gesetz über die Privatisierung der Post nicht zustimmen wollte. Zu dieser Partei hat Professor Rösel mal einen seiner berühmten Sprüche losgelassen: „Oder nehmen sie die LDP in Japan, die Liberaldemokratische Partei. Das ist eine dreifache Lüge: sie ist weder liberal, noch demokratisch, noch ist sie eine Partei!“

Dienstag, August 09, 2005

Für alle, die sich über den Titel meines Blogs wundern, sei es noch einmal kurz erklärt:
Ich gehe nach Japan. und zwar bald, genauer gesagt, in ca. zwei Monaten. Nach anderthalb Jahren Arbeitssuche in Deutschland (Geistes- und Sozialwissenschaftler haben es derzeit wirklich nicht leicht!), nur unterbrochen von einer kurzfristigen wissenschaftlichen Tätigkeit (die aber auch sehr viel Spaß gemacht hat!), habe ich endlich einen Job gefunden. Ich werde für Nova Group in Osaka als instructor im Multimediazentrum Deutsch unterrichten.
Und dafür habe ich nun Politikwissenschaft und Slawistik studiert...
Aber andererseits wollte ich ja immer ins Ausland gehen (damit ich das ewige Gejammer in Deutschland nicht mehr hören muß), und warum eigentlich nicht nach Japan?!
Kurz gesagt, ich freue mich riesig, und habe diesen Blog darum angelegt, um meine Erfahrungen mit Japan, seinen Bewohnern, seiner Kultur und seiner Sprache nur EINMAL aufschreiben zu müssen. Und jeder, der sich dafür interessiert, was ich so treibe und wie es mir geht, der kann es dann hier an dieser Stelle nachlesen.
Momentan gibt es auch noch gar nicht so viel zu berichten. Erst einmal muß ich morgen bei Nova in London anrufen und denen mitteilen, daß ich a) das offizielle Jobangebot und alle damit verbundenen Unterlagen erhalten habe und daß ich b) gewillt bin, die Stelle anzunehmen. Danach muß ich die Unterlagen ausfüllen und nach London schicken (nur zur Information: die Zentrale von Nova sitzt in London, und da war ich auch zum Vorstellungsgespräch). Unterlagen heißt: Letter of Acceptance, Antrag auf Aufnahme in die Krankenversicherung (das ist freiwillig, aber wenn die mir schon den Service anbieten, dann mache ich das doch - eine Sorge weniger), Visumantrag. Dann brauche ich noch Paßfotos, das Führungszeugnis habe ich schon am Freitag im Bürgerbüro bestellt (ist es zu fassen? 13 Euro kostet so was!!) - aber ich sollte morgen besser noch einmal nachfragen, ob sie es auf Deutsch lesen können oder ob ich mich noch um eine Übersetzung kümmern muß. außerdem ist mein Reisepaß nur noch bis März gültig, das könnte auch ein kleines Problem sein, denn die Ausstellung eines neuen dauert ja auch wieder... Allerdings ist er, wenn ich es mal durchzähle (Oktober, November, Dezember, Januar, Februar, März) noch genau sechs Monate ab Einreise gültig - so ich denn gleich Anfang Oktober nach Japan reise - und das ist in der Regel die magische Grenze, die bei einem Visumantrag immer zu beachten ist. Wie gesagt, daß muß ich morgen auch noch erfragen.
Japanisch kann ich auch nicht. Das heißt, nicht viel. Ich habe mir nämlich schon ein Japanischlehrbuch samt Kassette angeschafft und mit Lektion 1 angefangen: Ute des! Ich heiße Ute!
Das Schriftsystem hat es echt in sich. Da gibt es - wenn ich das bis jetzt richtig überblicke - zwei Silbenschriften, Hiragana und Katakana, die nebeneinander benutzt werden. Eines nimmt man wohl v.a. für Lehn- und Fremdwörter, und das andere für "urjapanische" Wörter. Ich habe aber schon wieder vergessen, welches man für was nimmt. Statt dessen bin ich im Verlauf von Lektion 1 auf zwei verschiedene Zeichen für "i" gestoßen... Sehr ermutigend. Man sollte ja meinen, daß zwei verschiedene Zeichensysteme an sich völlig ausreichend sein sollen, aber die Japaner verwenden außerdem noch chinesische Kanji-Schriftzeichen. Und lateinische Buchstaben. Und arabische Zahlen.
Über Japan an sich weiß ich auch nicht viel. Der Premierminister heißt Koizumi und hat eine wallende graue Künstlermähne. Zumindest sind seine Haare etwas länger als die anderer Politiker. Japan ist eine Monarchie, der gegenwärtige Kaiser (Tenno) heißt Akihito (Arihito?), und nach allem, was ich vor ewig langer Zeit mal über das japanische Hofzeremoniell gehört habe, ist der Mann um seinen Job nicht zu beneiden.
Gegenwärtig läuft das deutsch-japanische Jahr, und aus diesem Anlaß hat die "Sendung mit der Maus" vor einiger Zeit eine Sondersendung über das Leben in Japan gebracht. Am meisten beeindruckt hat mich der Beitrag über das Hightech-Klo in einem japanischenRestaurant (dessen zahlreiche Funktionstasten mich Technikmuffel allerdings erst einmal verzweifeln lassen würden). Da kann man ein anhaltendes Spülgeräusch in Gang setzen, das alle anderen Geräusche, die beim Toilettengang so anfallen, übertönt (Japaner sind sehr rücksichtsvoll ihren Mitmenschen gegenüber). Man kann sich den Hintern erst von einem kleinen Wasserstrahl reinigen und anschließend per "Föhn" trocknen lassen. Die Temperatur der Klobrille ist regulierbar. Ich wage allerdings zu bezweifeln, daß dieses Wunderwerk der Technik Grundausstattung in öffentlichen Einrichtungen ist, von Privathäusern ganz zu schweigen.
Man läuft nicht in Straßenschuhen in der Wohnung herum. Die zieht man vorher aus und schlüpft in Hausschuhe (Puschen, wie man die hier, wo ich wech komme, nennt). Dasselbe gilt für Schulen und die Toiletten in Restaurants.
Man verneigt sich zur Begrüßung.
Japaner nennen ihren Familiennamen zuerst (Nachnamen mag ich ihn deshlab gar nicht erst nennen) und den Vornamen danach. Der Premierminister heißt also richtig: Koizumi Junichiro.
Ich habe also noch sehr viel zu lernen.